Arches
Von sehr alten Bäumen und coolen Filmkulissen
21.09.13 05:50 Abgelegt in: California

Foto: Jürgen in den Alabama Hills, CA
Die Nacht war nicht gut. Ich hatte rasende Kopfschmerzen - kenne ich sonst gar nicht! Zuviel Sonne? Zu viel Höhenluft? Zu viel CO2? Keine Ahnung, die zweite Aspirin wirkt endlich und so geht die Nacht rum. Motel-6-typisch gibt es zum Kaffee nichts als Kaffee - diesmal sogar noch ohne „weißen Hai“ (s. 13.09. - Frühstück). Dafür scheint die Sonne und um halb 9 verlassen wir das sehr schöne Mammoth Lakes-Tal.
Das Navi will, dass wir einfach der #395 für rd. 180 km folgen - dann sind wir in Lone Pine. Zuerst tun wir das auch, auf der vierspurigen #395 geht das bei 65 Meilen/Std. fix. Schnurgerade geht es dahin und wir verlieren kräftig Höhe. Bei Big Pine sind wir auf knapp 1.000 m Höhe „gefallen“ - hier verlassen wir aber den geraden Weg nach Süden. Die #168 führt nach Osten und später wieder nach Norden - fast bis auf die Höhe von Bishop, das wir eben erst durchquert haben. Allerdings windet sich unsere Straße über eine Strecke von 23 Meilen wie eine Achterbahn in die Berge auf wieder über 3.000 m Höhe. So etwas gibt es auch nur hier im Wilden Westen (glaube ich). Man kann das einfach nicht beschreiben, sondern muss es mal erlebt haben. Solche Straßen kann man sich bei uns zu Hause überhaupt nicht vorstellen. Und dann noch diese Aussicht - atemberaubend. Wenn man zwischendurch vor sich - dort, wo die Straße wieder einen Buckel nach unten macht - nur den stahlblauen Himmel sieht und sich dann in einem Moment die weite Landschaft auftut während gleichzeitig der Jeep nach unten schießt, rein in die nächste Kurve: da kann mal schon mal einen Juchzer lassen …
Unser Ziel wird im Reiseführer (übrigens sehr zu empfehlen: „Reise Know How“ - 1. Der ganze Westen und 2. Kalifornien Süd und Zentral) so beschrieben: „Nur wenige Touristen wissen von den über 4.000 Jahre alten Grannenkiefern (Bristelcone Pines) im Ancient Bristlecone Pine Forest. Die Zufahrt zu diesem für Kenner sensationellen, wenn auch optisch durchaus schlichten Naturwunder erfolgt zunächst …“ „Optisch durchaus schlicht?“ Naja - uns hat der Schulman Grove Discovery Trail durch die ältesten Lebewesen dieser Erde einfach umgehauen. Auch wenn man schon viel gesehen hat: Dass diese Bäume hier lebten, bevor die Pyramiden gebaut wurden oder auch nur das erste menschliche Schriftzeichen erfunden wurde - und dass sie heute in dieser kargen Berglandschaft auf über 3.000 Metern immer noch leben - das berührt uns schon. Und wir finden, dass sie auch sehr, sehr fotogen sind, die Methusaleme unter den Bäumen. Sie sehen zum Teil aus wie abgestorben - das ist aber Teil ihrer Überlebensstrategie. Ihnen reicht ein kleiner Teil mit Borke und „Grün“, um den ganzen Baum lebendig zu halten.
In dem nach einem der hier populärsten Baumforscher „Dr. Edward Schulman“ benannten Visitor Center (niegelnagelneu, erst im September eröffnet). Führt uns der Ranger im kleinen Kino exklusiv einen 19minütigen Film zur Einführung vor. Danach sehen wir die Bäume mit ganz anderen Augen. Ich kann das alles gar nicht aufschreiben. Nur soviel: erläutert wurde u.a. die Technik zur Bestimmung des Alters der Bäume anhand der Jahresringe. Klingt unspektakulär, ist es aber nicht. Die Messungen an lebenden und toten Bäumen sind so exakt, dass sie auf das Jahr genau sind! Anhand dieser Erkenntnisse werden sogar die Geräte zur Radiokarbondatierung geeicht! Der älteste hier lebende Baum (und es ist das älteste bekannte Lebewesen weltweit) ist 4.773 Jahre alt. Da die Wissenschaftler die Baumringe lebender und auch abgestorbener Bäume durch die deutlich sichtbaren „Überlappungen“ der Jahresringe miteinander verlinken können, sind sie nun in der Lage, über 11.000 Jahre zurück in die Zeit zu gehen und die klimatischen Verhältnisse der jeweiligen Epochen abzulesen. Das ist super spannend!
Nach dem Film gehen wir den Trail ab und müssen uns wieder Zeit lassen - sehr, sehr dünne Luft, z.T. sehr steile Wege. Wir sind aber ganz begeistert und schießen viele Fotos. Anschließend führt uns die „Achterbahn“ wieder zurück zur #395 und kurze Zeit später (noch von 14 Uhr) erreichen wir Lone Pine, wo geschlagene 37 Grad Celsius und ein unglaublicher Wind herrschen. Wir sind hier unmittelbar an der Zufahrt zum Death Valley NP. Somit holen wir uns im Visitor Center schon mal die wichtigsten Infos für die morgige Durchquerung dieses riesigen Gebietes - das wird eine lange Fahrt.
Das Best Western in Lone Pine erwartet uns schon und wir bekommen ein riesiges Zimmer - das mit Abstand beste bisher. Da es noch recht früh ist, genießen wir erst mal das kühle Zimmer und ich kann mich einigen E-Mails widmen. Kurz machen wir auch die Augen zu - aber um 16 Uhr geht es wieder los. Diesmal in die Alabama Hills. Hier wurden bereits über 400 Filme, vor allem Western gedreht. Für uns aber viel interessanter: die roten Felsen. Sowas lieben wir ja und das Besondere hier ist, dass es keine festgelegten Anlaufpunkte gibt.
Jeder muss sich hier selbst seinen Weg suchen. Es gibt unzählige tolle Felsformationen, einige Arches (Bögen) - aber keine genauen Pläne. Wir hatten uns schon zu Hause im Internet orientiert. Dennoch finden wir uns hier überhaupt nicht zurecht. Man kann das Auto einfach nur parken und dann in die Wüste hineingehen und -klettern. Dabei sollte man aufpassen, denn die Felsen sind sehr rauh. Außerdem ist das hier der optimale Lebensraum für Skorpione und Klapperschlangen. Daher: „Watch your steps!“.
Wir haben erwartungsgemäß viel Spaß und machen einige nette Fotos. Gabi genießt es besonders, mit dem Jeep die unbefestigte Straße entlang zu pesen. Schade, dass wir keine bessere Orientierung haben. Wir fahren in der untergehenden Sonne noch kreuz und quer über holprige Sandpisten, landen auch noch bei einigen Aussteigern und Felskletterern, die hier in Schlafsäcken unter freiem Himmel campen und beenden dann unseren Besuch für heute - das Licht ist weg. Für uns steht aber fest, dass wir hier irgendwann auch mal viel mehr Zeit verbringen sollten. Mal sehen, vielleicht fahren wir morgen früh noch mal eine Runde dort vorbei? Könnte aber strapaziös werden, denn die Fahrt morgen ist ohnehin schon sehr lang.
Nun kaufen wir noch neue Lebensmittel ein. Das Wasser ist alle (und morgen werden wir einiges brauchen - es gibt nichts Dümmeres, als mit zu wenig Wasser durchs Death Valley fahren zu wollen) und auch Wein kaufen wir, denn in Utah weiß man ja (aus Erfahrung mit den mormonischen Ansichten dort) nie… Doch, es geht noch dümmer: Ohne vollen Tank zu starten - deshalb statten wir auch noch der Fa. Chevron einen Besuch ab - nun ist alles gerichtet.
Ein Abendessen haben wir uns nun redlich verdient. Obst, Nussmischungen etc. waren tagsüber ganz nett, jetzt benötigen wir was Handfestes. Eine typische BBQ-Kneipe zieht uns magisch an. Gabi ordert einen Chicken-Burger und ich lasse mich zum „Friday special“ überreden. Ging schnell! Ich hatte nur ganz anderes erwartet: Unter „Prime Rib“ hatte ich (fälschlicherweise) Ribbs (also Spareribbs) auf Südwest-Art verstanden. Ich bekam aber sowas wie gekochtes Rindfleich. Die Scheibe war so gigantisch - das war eine halbe Kuh! 2 Finger dick und so groß wie ein Dessertteller. Mannomann - eigentlich nicht mein Ding, aber doch ganz lecker. Interessanterweise schmeckte die Kuh an verschiedenen Ecken dieses „Ribs“ sehr unterschiedlich.
Jetzt geht es auf 22 Uhr und gerne würde ich den großen Flachbildschirm mal starten. Freitagabend - da muss es doch einen amerikanischen Film geben, den wir noch zur Hälfte angucken können, bevor uns die Augen zufallen, oder? Gute Nacht!
Tagesetappe: 285 km
Übernachtung: Best Western Plus Frontier, Lone Pine, CA
Staubige Piste & wunderbare Erlebnisse
25.09.13 07:47 Abgelegt in: Utah

Foto: Gabi im „Devils Garden“, Hole in the rock road, Grand Staircase Escalante NM, UT
Gäste im „Americas Best Value Inn Tropic“ frühstücken kostenlos in Clark’s Restaurant. Dort kann sich jede/r von einer Speisenkarte 4 Dinge aussuchen, die dann frisch zubereitet werden, z.B. Bacon, Eier (nach Wahl), Bagels mit Frischkäse, Pancakes mit Sirup etc. Guter Start in den Tag!
Kurz vor 9 Uhr sind wir unterwegs. Direkt „um die Ecke“ liegt der Kodachrome Basin SP, den wir schon aus 2011 kennen. Damals war das Wetter aber bedeckt - heute gibt es blitzeblauen Himmel. Da wir nicht abschätzen können, ob die „hole in the rock road“ bei Escalante überhaupt befahrbar ist, machen wir zunächst einen Abstecher zum Kodachrome Basin SP. Dort fanden wir damals schon den „Angels Palace Trail“ toll. Dieser führt über einige steile Anstiege hinauf auf ein Plateau, auf dem sich prima herumklettern lässt. Nebenbei bekommt man dort auch die schönsten Aussichten auf den SP. Wir machen ein erstes Fotoshooting im Morgenlicht. Sehr schön.
Dort oben treffen wir auch ein älteres Ehepaar aus Palo Alto bei San Francisco. Wie so oft ergibt sich eine sehr nette Unterhaltung. Die beiden sind mit einem nicht zu großen Wohnmobil unterwegs - was sie uns wärmstens empfehlen.
Nun nehmen wir „unsere“ Traumstraße UT-#12 unter die Räder, die später zur nicht weniger sehenswerten UT-#24 wird. Die reine Fahrtzeit bis Green River beträgt ab jetzt (es ist 10:45 Uhr) rd. 4 Stunden. Zuerst steht aber ein Besuch im Visitor Center Escalante auf dem Programm. Die Cottonwood Canyon Road war wegen der heftigen Unwetter der letzten Woche (die wir Gott sei Dank verpasst haben) gesperrt. Die hole-in-the-rock-road ist offen. Und die Rangerin hat einen guten Tipp für uns: wir sollen eine Stunde lang über 26 Meilen weit über diese unbefestigte Piste rumpeln und dann die unwegsamen „Slot Canyons of Dry Fork Coyote Gulch“ erkunden. Machen wir!
Zur Geschichte der „hole-in-the-rock-road“ schreibt Wikipedia:
„Insbesondere seit der Mitte des 19. Jahrhunderts drangen Siedler, welche meist Angehörige der Kirche Jesu Christi der Heiligen der Letzten Tage waren aus dem Zentrum Utahs in den Randbereich des Siedlungsgebiets der Navajo und Ute im heutigen San Juan County im Südosten dieses heutigen Bundesstaates vor. Die Kirchenführer beschlossen 1878 die Errichtung dauerhafter Siedlungen im Grenzgebiet der Four Corners, als Ansiedlungsgebiet wurde das Tal des Montezuma Creek, eines nördlichen Nebenflusses des San Juan River auserkoren. Es wurden verschiedene Routen erkundet, um Zugang zu diesem Gebiet zu schaffen, unter anderem entlang des Old Spanish Trail und auch südlich des Grand Canyon. Die Expeditionsleitung entschied sich letztlich aber für den kürzesten, jedoch weitgehend unbekannten Weg entlang des Hochplateaus oberhalb des Escalante River, die Überquerung des Colorado River und entlang der Canyons und Mesas am östlichen Ufer des Flusses in Richtung der heutigen Stadt Bluff.
Im Herbst 1879 sammelten sich die rund 230 Expeditionsteilnehmer unter der Führung von Silas S. Smith und Platte D. Lyman an einer Quelle am Beginn des Fortymile Gulch auf dem Plateau zwischen dem Canyon des Escalante River und dem Kaiparowits Plateau mit ihren Wagen und ihrem Vieh. Ein Erkundungstrupp wurde ausgesandt, um eine Route durch den Glen Canyon und über den Colorado River zu finden. Nahe dem Cottonwood Canyon entdeckte dieser einen Erfolg versprechenden Weg am gegenüberliegenden Ufer des Flusses, am Westufer bot eine schmale Kluft die Möglichkeit, das Ufer des Flusses zu erreichen. Dieser Felsspalte - von den Expeditionsteilnehmern als Hole in the Rock bezeichnet, verdankt der Trail seinen Namen. Die Arbeit mehrerer Monate war nötig, diesen Weg für das Vieh und die Planwagen der Siedler gangbar zu machen, im unteren Teil entstanden hölzerne Schienen, welche es erlaubten, die Planwagen über einen mit losem Gestein gefüllten Graben hinweg zu bewegen. Verschiedene Ankerpunkte wurden geschaffen, um die Planwagen mittels Seilzügen in das Tal zu bringen. Am 26. Januar 1880 begann der Abstieg, alle Siedler und ihre Besitztümer erreichten das Ufer, wo eine von Charles Hall erbaute hölzerne Fähre für die Überfahrt bereitstand.“
Naja - und genau diese legendäre Straße befahren wir heute mit unserem Jeep - nicht bis zum Ende, aber immerhin eine Stunde lang bis zum Trailhead des „Dry Fork“. Es ist eine ganz schön anstrengende Sache, ein Auto mit ziemlichem Tempo (bis zu 50 Meilen/Std.) über diese Piste zu manövrieren. Ich muss zugeben, dass ich zwischendurch schweißnasse Hände hatte - insbesondere immer dann, wenn es durch sandige Engstellen ging, in denen ich stecken zu bleiben befürchtete, weil es steil hinab und wieder hinauf ging (Dip).
Zuerst laufen wir in die verkehrte Richtung. Wir haben nämlich nicht den Parkplatz am Trailhead gewählt - das letzte Stück der Straße dorthin schien uns dann doch zu riskant. Versuch macht klug und zurück am Auto nehmen wir die richtige Richtung. Dabei gabeln wir ein junges Pärchen aus Augsburg auf, die sich uns gerne anschließen. Gemeinsam erreichen wir den Trailhead. Wie es so manches Fahrzeug bis hierher geschafft hat, ist uns rätselhaft. Wir steigen jedenfalls über die Sandsteinplatten hinab in den Wash. Das ist teilweise ganz schön steil und wir erfreuen uns an den Reibungskoeffizienten unserer Sohlen. Nur wenn Sand auf dem Stein liegt ist allerhöchste Vorsicht geboten. Unten angekommen erreichen wir bald einen Eingang in einen Slotcanyon. Spannende Sache, so abseits der Touristenströme. Eine ganze Zeit lang wandern wir durch den engen Canyon, dessen Felswände sich rechts und links steil auftürmen. Unter den Sohlen: Matsch von der allerfeinsten Sorte mit Klebefaktor 10. Lustige Sache!
Uns war allerdings nicht klar, welchen Canyon der hier vorhandenen 4 Slot-Canyons wir denn nun erreicht haben. Meine GPS-Auswertung über die App „Trails“ brachte heute Abend aber die Erkenntnis: es war tatsächlich der „Dry Fork Canyon“!
Nach einem anstrengenden Wiederaufstieg und 2,5 Stunden allerfeinster Kletterei in unwegsamem Gelände fahren wir zurück und machen auf der Hälfte der Strecke noch ganz kurz Halt an „Devils Garden“. Den Metate-Arch hatten wir letztes Jahr schon fotografiert - aber viel früher morgens und da lag er im Schatten. Das geplante Wiederkommen hat sich gelohnt: er zeigt sich heute gegen 16 Uhr von der allerbesten Seite. Und auch sonst gelingen hier noch einige gute Schüsse mit der NIKON.
Jetzt aber los: eine weitere halbe Stunde über die unwegsame hole-in-the-rock-road und dann können wir endlich das Traumstück zwischen Escalante und Boulder auf der UT-#12 genießen, ebenso wie die Fortführung über die UT-#24. 4 Stunden Fahrzeit ab Devils-Garden - also kommen wir gegen 20 Uhr in Green River an. Aber: der Weg ist das Ziel und wer nicht einschätzen kann, welche Wirkung Licht (der untergehenden Sonne) auf Stimmungen in der Landschaft hat, der sollte uns die Tour unbedingt mal nachmachen. Die Fahrt durch den Dixie Forest mit dem bunten Laub, den Kühen und dem Rotwild am Wegesrand sowie durch den in allen Rot-, Orange- und Gelbtönen leuchtenden Capitol-Reef-NP auf der UT-#24 ist ein unvergessliches Erlebnis. Im allerletzten Dämmerlicht erreichen wir die Interstate 70 und nach weiteren 15 Minuten kurz vor 20 Uhr das Motel 6 in Green River.
Schnell aufs Zimmer. Gabi packt aus, ich fahre nochmal die 2 km zurück - da war eine Pizzeria. Keine 30 Minuten später steht eine „Combo-Spezial“ für 15$ auf unserem Tisch, der Wein ist schon gezapft. Natürlich ist die Pizza mit 8 sehenswerten Stücken zu groß - den Rest gibts morgen zu Frühstück.
Die nächsten Tage werden bestimmt auch toll. Wir haben nun nur verhältnismäßig kurze Distanzen zu fahren - morgen und übermorgen sind wir in Moab. Für den Arches NP muss ich mir dringend die Waden eincremen - noch so einen Tag machen die nicht mehr mit. Waren gestern schon verbrannt, die Zeit am Canyon heute hat ihnen den Rest gegeben. Da ist Pflege angesagt!
Tagesetappe: 451 km
Übernachtung: Motel 6, Green River, UT
Welt der Felsbögen - Teil 1
26.09.13 07:47 Abgelegt in: Utah

Foto: Gabi am Double Arch, Windos Section, Arches NP, UT
Es ist 18:45 Uhr in Moab, Utah. Ich sitze auf dem Bett unseres Zimmers im Redstone Inn Motel und habe in der letzten guten Stunde bereits die Fotos des Tages verortet und beschriftet, die Mails gecheckt und einige wenige (dienstliche) kurz beantwortet. Außerdem ist die Homepage nun bis auf die Fotos und diesen Tagebucheintrag schon vorbereitet. Gabi war total geplättet und hat sich 1,5 Stunden weggeklinkt. Ach ja - den Staub des Tages habe ich mir eben als allererstes runtergespült. Das war eine Menge. Apropos runtergespült: meine vorerst letzte Vorratsdose Bud light ist (gut gekühlt) eben auch schon durch meine Kehle geflossen. Urlaub!
Frühstück im Motel 6 Green River kann ich überspringen: außer Kaffee, Süßstoff und Creamer gibt es in den Motel 6 regelmäßig ganz konsequent nix. Dafür sind die preislich attraktiv (um die 50$ fürs Zimmer). Wir haben aber ja noch 2 Stücke Pizza von gestern Abend. Und ich muss sagen: die Pizza war jeden Cent wert. Sehr amerikanisch: hoher Rand - das ganze eher wie eine Quiche Lorraine mit viel Belag und ganz viel weichem Käse. Gut gewürzt und echt sehr lecker - sogar in der Mikrowelle aufgewärmt zum Kaffee am Morgen. Weil wir es heute langsam angehen lassen und auch die Motels für die letzten 3 Nächte vor Vegas noch buchen (die fehlten uns noch), kommen wir erst um 09:45 Uhr los - egal: Urlaub!
Wir tanken hier noch schnell voll (bei Bezahlung in Cash gibts 8 Cent Ermäßigung - ist auch neu) und sind dann nach 50 Minuten im Arches NP angekommen. Kurze Reise heute, sehr gut, weil dann viel Zeit zum Laufen bleibt.
Der Besuch im Visitor Center fällt kurz aus, wir kennen uns ja schon aus. Dort sehen wir aber, dass um 11:30 ein Ranger Walk in der Windows-Section des Parks (die betrete ich ja schon aus Protest nur mit Apple-Basecap) stattfindet. Wir verspäten uns, weil auf der wirklich sehr schönen Scenic Road (verständlicher Weise) alle langsamer fahren als sie dürfen.
Dennoch treffen wir auf die Rangerin mit Gruppe - und zwar auf dem „primitive Trail“ zu den Windows. Der Main-Trail war uns zu überlaufen. Super! Wir haben noch nichts verpasst und so genießen wir die Erläuterungen der Rangerin (mit Traumfigur - wie GABI sagt, ich widerspreche nicht). Das ist immer wieder klasse. Man lernt so viel. Die Ranger können in der entsprechenden Umgebung ganz viel erklären. Sie hat auch interessantes Anschauungsmaterial dabei. So erfahren wir viel über die Geologie hier, die Entstehung der über 2.000 Arches, die es hier gibt und das Leben der Dinosaurier, die sich hier getummelt und ihre Spuren hinterlassen haben.
Anschließend schauen wir uns noch in Ruhe bei South- und North-Window Arch, Turret Arch und dem spektakulären Double Arch um.
Vorbei an einigen Viewpoints fahren wir zum Sand Dunes Arch; ein kurzer Trail führt uns durch hoch aufragende, enge Felsschluchten - der Boden besteht aus weichstem Sand. Auch den Skyline Arch erwandern wir uns über einen kurzen Trail. Wir klettern noch ein wenig in den Felsen herum - was uns immer gut gefällt, denn das bringt auch besondere Fotos. Wäre bei uns alles komplett verboten wegen Versicherung etc.
Den Plan, heute noch eine 3-4 stündige Wanderung durch den Devils Garden zu machen (allein hier gibt es etliche Arches zu sehen), verwerfen wir. Morgen ist auch noch ein Tag. Viel lieber wandern wir noch schweißtreibend zum Delicate Arch hinauf - dem Wahrzeichen Utahs. Dieser Trail hat es in sich, es geht ganz gut hinauf. Dabei führt der Weg überwiegend einen „Slick-Rock“ hinauf. Das ist glatter Sandstein, der aber genug Haftung hat, dass man nicht abrutscht. Einen wirklichen „Weg“ gibt es hier auch nicht - nur Steinmännchen, die die Richtung weisen. Mit uns startet eine Busladung Japaner/-innen. Die bleiben aber Gott sei Dank erst mal weit zurück.
Nach 30 Minuten sind wir schon oben. Gut - wir kannten den Weg und haben etwas dran „gezogen“. Was ich noch nicht erwähnte ist der Wind, nein: Sturm, nein: Sandsturm oder besser: Sandorkan, der uns schon den ganzen Tag immer wieder umtobt. Das ist nicht gut für die Kamera - ich sehe mich schon wieder bei NIKON in Düsseldorf zur Sensorreinigung. Es knirscht auf den Zähnen, in den Ohren und auch im Zoom-Objektiv. Weia, wenn das mal gut geht. Bislang habe ich in diesem Urlaub noch keinen Staub auf dem Sensor gehabt, vielleicht auch, weil ich die Kamera jeden Abend peinlichst säubere und entstaube …
Wir wussten dieses Mal ja (aus 2011), was uns erwartet. Dennoch: Der Anblick, wenn du oben um die Ecke biegst und sich der majestätische Delicate Arch vor dir auftürmt macht bestimmt auch beim 10. Mal noch Gänsehaut. Sagenhaft! Allerdings stürmt es hier so heftig, dass wir (ungelogen) fast wegfliegen. An Mütze, Hut, Basecap oder auch nur ein Tuch als Kopfbedeckung ist nicht zu denken.
Schön: hier ist kaum was los! Wir machen in Ruhe unsere Fotos und ich kämpfe mich (erstmals und als einziger heute) über den steilen Sandstein bis an den Arch. Gabi macht ein paar tolle Fotos aus sicherer Entfernung. Super Erfahrung, dort zu stehen. Allerdings geht es auf der anderen Seite bodenlos runter. Ich bin froh, als die Bilder im Kasten sind und ich den Rückzug antreten kann. Ungern möchte ich hier die Flanke hinunter geweht werden.
Als schließlich die Japaner um die Ecke kommen, ist Schluss mit Lustig. Sie kennen kein Halten und fotografieren sich gegenseitig wie verrückt. Dabei müssen die kleinen Persönchen aufpassen, nicht wegzufliegen. Wir reisen ab …
Schnell sind wir wieder am Auto - die ganze Aktion hat gut 1,5 Stunden gedauert. Nun sind wir wirklich platt. Ein paar Stopps noch an Viewpoints, wie z.B. dem Balanced Rock, weil die Sonne dort gerade schönes Licht macht.
Das Motel ist in gut 10 Minuten erreicht, als wir erst mal aus dem Park heraus sind. Es ist einfach, aber sehr urig im Western-Stil mit viel Holz gestaltet.
So, jetzt ist es 19:45 Uhr und wir gehen (oder fahren?) kurz Abend essen, dann schreibe ich das hier fertig und stelle die Fotos ein und anschließend ist: Feierabend! Sehr schön: wir bleiben auch morgen noch hier in Moab und werden uns weitere Felsbögen erwandern. Mal sehen, was sonst noch anliegt …
Wieder zurück im Zimmer kann ich berichten, dass wir sehr lecker (chinesisch) gegessen haben, die äußeren Umstände aber eher zweifelhaft waren. In Moab ist ja richtig was los und so gibt es hier auch eine „richtige“ Strasse zum Bummeln mit Geschäften und Restaurants. Zugegeben: es ist - wie fast immer - die Mainstreet, also die Durchgangsstrasse. Aber immerhin! Die Restaurants sind proppevoll und deshalb stehen draussen auf der Straße oder im Eingangsbereich unzählige hungrige Leute, die essen wollen, aber noch warten müssen, bis ein Platz frei wird.
Wir entschließen uns, bei Szechuan reinzuschauen, da waren wir vor 2 Jahren ganz zufrieden. Wir müssen auch hier warten, ca. 10 Minuten. Dann ist im Hauptrestaurant zwar noch nichts frei, aber im Nebenraum. Dort finden kurz nach uns auch noch 6-8 andere Gäste Platz. Das besondere: hier findet gerade eine Art Klassenparty o.ä. statt. Jede Menge Teenies, meist asiatischer Herkunft toben hier rum. Wenn ich sagen würde, dass sie „ausgelassen“ oder „ungezwungen“ waren, dann wäre das die Untertreibung des Jahres. Die Lautstärke wurde nur noch übertroffen von der Lust, sich gegenseitig in allen (aber auch wirklich allen!) rechnerisch denkbaren Kombinationsmöglichkeiten zu fotografieren und dabei verrückteste Grimassen zu schneiden. Langweilig wurde uns nicht, nervig war es schon.
Mein Vorsatz, das beim Trinkgeld zu berücksichtigen, wurde geschickt ausgekontert. Auf der Rechnung stand nämlich nicht nur der Zuschlag an Steuern (wie üblich), sondern auch gleich der Trinkgeldaufschlag. Clever gemacht. Wenn die kassierende Oberchinesin nicht schwerbehindert gewesen wäre, hätte ich vielleicht noch zu diskutieren versucht. Nun, immerhin: sehr lecker war es und nun kommen die Fotos noch auf die Homepage und dann schalte ich vielleicht noch einmal den Fernseher an. Ist ein paar Tage her und vielleicht gibts was Lustiges. Gute Nacht Germany!
Tagesetappe: 154 km
Übernachtung: Redstone Inn, Moab, UT
Welt der Felsbögen - Teil 2
27.09.13 00:35 Abgelegt in: Utah

Foto: Gabi mit „Hosenbodenhaftung“, Devils Garden Trail, Arches NP, UT
Da haben wir doch noch was Interessantes gefunden gestern Abend im Fernsehen: „naked & afraid“ (nackt und ängstlich): Eine Reality-Soap, in der ein Mann und eine Frau, die sich nicht kennen, splitterfasernackt auf einer einsamen Insel (auf der natürlich ein paar kundige Kameramänner hausen, die das alles filmen) bei Panama ausgesetzt werden. 21 Tage müssen sie dort sich und der feindlichen Umwelt trotzen, nur mit einem riesigen Messer bewaffnet. Sie müssen sich verpflegen, Wasser suchen, den Schlangen, Krokodilen, Haien etc. entgehen und lernen, wie köstlich ein gegrillter Seeigel schmeckt, wenn man tagelang nix zu futtern hatte. Ich tippe mal, dass dieses Format spätestens in einem Jahr auch bei uns angekommen ist und dass man sich dann nicht die Heidenarbeit machen wird, alle primären und sekundären Geschlechtsmerkmale der Beiden wegzupixeln. Das gucken bestimmt auch Leute, die noch nicht 75 Werbesender weggezappt haben und froh sind, überhaupt eine „Handlung“ auf dem Schirm zu haben.
Danach habe ich noch ein paar Mails bearbeitet und um 00:15 das Licht gelöscht.
Heute morgen war dann natürlich alles easy, weil wir nicht packen mussten. Nun ja - wir packen natürlich das Wichtigste in unsere Koffer und verschließen diese. Alles muss ja nicht offen rumliegen in so einem Motelzimmer.
Direkt nebenan ist ein City Market, in dem du alles kaufen kannst, was du gerne möchtest. Allerdings keinen Alkohol (dazu später mehr). Wir bekommen aber ganz schöne frische Trauben & Pflaumen, Chicken-Wraps & einen Blueberry-Bagel (fürs fürstliche Frühstück), 24 neue Wasserflaschen und beim integrierten Starbucks zwei oberköstliche „Eimer“ Coffee Latte Vanilla - die allerdings mit knapp 4,50$ das Stück auch ihren Preis haben. Schmecken aber auch wie flüssiges Gold …
Am Eingang des Arches NP liegt auch gleich das Visitor Center. Dort erkundige ich mich schnell, ob nicht doch noch jemand abgesprungen ist und 2 Plätze der Fiery-Furnace-Touren frei geworden sind. Dieses Gebiet ist nämlich gesperrt, weil es ein Irrgarten aus roten Felstürmen und -wänden ist, aus dem man ohne Guide nicht mehr raus kommen würde. Leider nein - also Programm wie geplant:
Allein die Stichstrasse (der Scenic Drive) durch den Nationalpark ist 20 Meilen (also gut 32 km) lang - ohne Nebenstraßen. Wir fahren sie wieder bis zum Ende denn hier ist der Trailhead zum „Devils Garden Trail“. Für diese Wanderung mit einer Länge von ca. 8,8 km soll man 3-4 Stunden einplanen - wir haben alle Zeit der Welt! Die Bedingungen sind wieder gut: Sonne satt, blauer Himmel - heute aber mit einigen Wolken, die sich im Laufe des Tages verdichten und auch ganz schön grau werden zwischendurch. Aber wie angesagt: wieder heftigster Wind mit Böen um Windstärke 8-9. In meiner App hieß das schlicht: „Unwetterwarnung“.
Gleich zu Beginn gibt es die Abstecher zum „Tunnel Arch“ und dann zum „Pine Tree Arch“. Schön - noch ist wenig los hier. Wir machen unsere Fotos und gehen weiter zum berühmten „Landscape Arch“. Der überspannt eine Weite von 306 Fuß, also knapp 100 Metern - das ist einer der größten Bögen der Welt. Bis hierher waren wir 2011 auch gewandert. Ab hier wird der Weg zum „steep, dangerous hiking trail“ - also einem steilen, gefährlichen Wanderweg. Deshalb gehen ab hier auch nicht mehr allzuviele Leute weiter. Die Ladung des russischen Reisebusses bleibt jedenfalls hinter uns zurück.
Ganz nüchtern: der Trail ist ab hier konditionell gut zu machen, obwohl einige recht steile Passagen drin sind. Man sollte allerdings einiges anTrittsicherheit und auch ein gewisses Maß an Schwindelfreiheit mitbringen. Weite Wegstücke gehen unproblematisch über Slickrock und Sand - die sind meist auch gut zu finden. Im Zweifel helfen Steinmännchen (Cairns), die Richtung zu finden. Es gibt aber ein paar (mindestens 3) Slickrockklettereien über den glatten Fels, die ich durchaus als „Schlüsselstellen“ bezeichnen würde. Auch die sind gut zu machen, bedürfen aber neben der gestern schon erwähnten „Sohlenhaftung“ auch ein großes Maß an Vertrauen in die eigenen Fähigkeiten, Mut und (selten) auch einer „Hosenbodenhaftung“ - nämlich dann, wenn es für 1-3 Meter abwärts mal so steil wird, dass es nur auf dem Hintern hinunter geht.
Es ist halt z.T. recht steil und es gibt nur den glatten Fels, auf dem man munter umher klettert. Großer Spaß!! Was die Sache heute durchaus spannend macht, ist der extreme Wind auf den Graten. Man muss sich das so vorstellen, dass hier ganz viele sog. „Fins“ stehen. Das sind aufrecht stehende Felsscheiben, die oben nun mal nicht sehr breit sind. Wenn du da hinübergehst und der „Weg“ gut 1-2 m breit ist, wobei es rechts und links 10-70 (80-90?) m hinuntergeht, macht das im Grunde nix. Wenn aber immer wieder die Böen an dir zerren, dann passt du einfach doppelt auf. Gabi hat es in ihrem Tagebuch eben so beschrieben: „Ein falscher Schritt und das Haus am Außenwall darf sich eine neue Köchin suchen!“. Damit ist alles gesagt. Keine Sorge - wir waren nicht übermütig. An einer Stelle, wo es auf diesem Grat auch noch einen kleinen Spalt zu „überschreiten“ galt, war das Reisekomitee kurz unentschlossen. Die Abstimmung ging dann 1,01 zu 0,99 für „Weitergehen“ aus. Mit vereinten Kräften gar kein Problem (jetzt hätte ich gerne einen Smiley gemacht).
Zwischendurch statten wir dem „Partition Arch“ und dem „Navajo Arch“ einen Besuch ab.
Der „Double O Arch“ ist dann auch sehr sehenswert - besonders das „große O“ oben gestattet großartige Ausblicke, wenn man erst mal durch das kleinere (untere) durchgeklettert ist und den Hang auf der anderen Seite wieder erklettert hat. Alles in allem ist das eine Wanderung, die zu den schönsten gehört, die wir gemacht haben. Ohne den Wind wäre das auch gar nicht so erwähnenswert - mit den Sturmböen hatte es für uns heute was von einer echten Abenteuertour - viel besser als „naked & afraid“!
Nach 3,5 Stunden sind wir heil unten angekommen. Für Gabi war es so spannend und abwechslungsreich, dass sie überhaupt nicht erschöpft ist. Ich bin ja ein paar Jahre älter. Quatsch: Super Tour!! Der Himmel sieht nun aber sogar nach Regen aus. Den Reisebus, der unseren Jeep zugeparkt hat, winkt Gabi kurz nach vorne und wir fahren zurück zum Visitor Center. Dort schauen wir uns noch den „Park Orientation Movie“ an, der in knapp 20 Minuten erläutert, wie der liebe Gott das hier so gemacht hat mit den Felsbögen im Arches NP und den Canyons im Canyonland NP. Stichwort: Wasser - im Arches immer wenig an den richtigen Stellen, in den Canyonlands reißende Flüsse. Beide Male hat es länger gedauert als 7 Tage. Aber wir wollen ja nicht pingelig sein, wir haben ja Urlaub.
Gegen 15 Uhr verlassen wir den Park. Jetzt noch in die Canyonlands zu fahren würde gehen, aber diesen Teil hier oben haben wir schon 2011 besucht und wir entscheiden uns für was anderes:
Wir fahren nämlich zunächst mal wieder nach Moab zurück und kehren dort bei „Lonestar Boots“ ein. Hier kann man die original Westernstiefel kaufen (keine Angst, so weit ist es noch nicht mit uns). Dort bekommt Gabi aber tatsächlich auch ihr Wunschsouvenir: einen tollen Ledergürtel - noch sowas, wofür die grasenden Steaks am Wegesrand gut sind (Vegetarier überlesen diesen Absatz bitte).
Dann steuern wir den „Liquor Store“ an. Dies ist hier in Utah der einzige Ort, wo unter den Augen der „Utah Department of Alcoholic Beverage Control“ Bier, Wein und Schnappes verkauft wird. Wir entscheiden uns für den Rest unserer Reise diesmal für den Kalifornischen „Pinot Grigio“ aus dem 5-Liter-Sack. Weil es noch so früh ist und ich gleich am BBQ-Platz des Motels Tagebuch schreiben möchte (tue ich jetzt schon inkl. der Fotobeschriftung seit 2 Stunden), kommen noch eine Dose „Bud ice“ für mich und ein „Smirnov on ice“ für Gabi dazu. Beides wird - wie hier üblich - verschämt in braune Papiertüten verpackt. „Draussen“ soll ja niemand sehen, dass wir Drogen gekauft haben. Den „Peacemaker“ dürften wir dafür hier ganz locker im Holster spazieren tragen.
Wie auch immer: Der Staub des Tages ist runter vom Körper, das Bier ist weg, der neue Wein schmeckt und ich sitze immer noch draussen in kurzer Hose, Hemd und Sandalen am Mac. Das geht in Germany derzeit wohl nicht mehr (da ist es ja auch dunkel im Moment). Da wir heute jede Begegnung mit Warteschlangen vor Restaurants oder johlenden Asiaten vermeiden wollen, werden wir das Auto stehen lassen und jetzt gleich nebenan im bekannten City Market irgendwelche Salatzutaten, gegrillte Köstlichkeiten und vielleicht etwas Brot kaufen. Das machen die Amis nämlich ganz pflegeleicht. Kochen muss hier niemand, der nicht will. Wir haben hier ein lauschiges Plätzchen am BBQ-Grill und genügend Wein, um heute mal ohne „Tip“ satt zu werden.
Bis morgen - da geht es in den uns noch unbekannten „Needles-District“ des Canyonlands NP. Was das ist? Erzähle ich euch morgen! Freut euch! Liebe Grüße!
Tagesetappe: 50 km
Übernachtung: Redstone Inn, Moab, UT
BBQ & Campfire
28.09.13 06:00 Abgelegt in: Utah

Foto: Jürgen & Little Bear an ihrer Cabin, Abajo Haven Guest Cabin, Blanding, UT
So, heute Abend haben wir zum ersten Mal kein WLAN und deswegen kann ich diesen Tagebucheintrag auch erst morgen veröffentlichen. Das liegt allein an der Guest Ranch, auf der wir heute übernachten. Aber fangen wir wie immer vorne an:
Von gestern Abend gibt es noch einen Nachtrag: Wir hatten ja beschlossen, uns etwas zu essen zu kaufen und das am Grillplatz genüsslich zu verspeisen. Dieses Vorhaben hat mehr als gut funktioniert! Auf dem Weg zum City Market stellten wir gemeinsam fest, das wir schon ein wenig "tipsy" sind, Bier & Wein auf Obst hat seine Wirkung. Gut gelaunt kaufen wir ein: 2 Chicken-Drumsticks BBQ-Art, 4 weitere "fried", 2 Pizza-Rolls, 6 fried Orion-Rings (allesamt warm), 2 Fertigsalate mit Käse, Schinken, Croutons etc., 1 Bagel Jalapeno-Art, 1 Zwiebelbrötchen - dazu Saucen fertig verpackt.
Das alles schleppen wir zum Grillplatz, richten es schön an, stellen unseren Wein dazu und schmausen. Klasse! Am Nebentisch sitzen 2 Cowboys und beschäftigen sich mit einem Sixpack Bier. Sofort sind wir im Gespräch und es entwickelt sich einer dieser schönen Abende mit wildfremden Menschen. Wir reden über Gott und die Welt. Natürlich waren beide (best friends) schon in Germany. Heidelberg und "gambling" in Baden-Baden. Wir waren da noch nicht, dafür spielten wir in Vegas - das kennen die Beiden noch nicht. Verrückte Welt!
Einer erzählt von seiner Tochter, die professionell "Rollerball" spielt und zeigt uns per iPad auf Youtube ein Video, in dem Sie mit ihrem Verein aus Denver gegen London spielt. Er war auch schon am Nürburgring - ist mitgefahren in einem 5er BMW über die Nordschleife. Begeisterung! Wir tauschen uns aus über die Trails in den Nationalparks des Südwestens und schließlich wollen die beiden noch Einzelheiten über Deutschland wissen. Vor allem über den Unterschied (?) zwischen Ost und West. Und wie das so ist mit Netto- und Bruttoverdiensten, Rentenansprüchen, Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, sozialer Absicherung und welche von den Deutschen denn nun näher an den Russen waren - die im Osten oder Westen.
Also berichte ich über das Kriegsende, die Spaltung Deutschlands, den Einfluss der Russen in der DDR, die dortige Planwirtschaft, den Trabbi, die Stasi, die freie Marktwirtschaft, Reisebeschränkungen, die Wiedervereinigung, die Idee des "Deutschen Volks einer Nation", den Solidaritätsbeitrag und seine Verwendung und schließlich auch den politischen Wandel in Deutschland bis hin zu den jüngsten Erfolgen der "Linken" bei der Wahl am letzten Wochenende. Als drittstärkste Partei können sie nun den Rückschluss ziehen, dass die Idee der DDR-Oberen auch heute noch aktuell ist? Offenes Kopfschütteln bei den beiden - inneres Kopfschütteln bei mir schon seit Sonntagabend. Das Sozialversicherungssystem zu erklären ist nicht ganz so schwierig, das habe ich hier schon mehrfach getan. Interessant ist, welche hohe Meinung auch diese beiden von Angela Merkel haben. Für sie - wie einige andere Amerikaner, die wir gesprochen haben - ist unsere Kanzlerin als Mittlerin und Lenkerin in Europa die absolute Nr. 1. Extrem hohes Ansehen, höchste Kompetenzzuweisung, Beliebtheit hier offensichtlich deutlich vor Obama. Finde ich gut!
Wir verabschieden uns später wie sehr gute Freunde - ich finde das sehr sympathisch und die Amis überhaupt nicht so oberflächlich, wie sie immer beschrieben werden. Die beiden waren sehr nett und äußerst interessiert.
Wieder im Zimmer gibt es noch einen kleinen "Zap" durch die amerikanische Werbeindustrie - einen Film finde ich keinen. Also: schlafen.
Heute morgen skypen wir mit Vater und Mutter, dann packen wir unsere Sachen, stellen fest, dass noch 30 Leute vor uns einen Kaffee bei Starbucks wollen (schön in einer Reihe wartend) und reisen ohne zusätzlichen Coffee to go ab. Soviel Zeit haben wir nun auch nicht. Unser nächstes Nachtquartier können wir in 90 Minuten erreichen. Wir rollen die schnurgerade UT-#191-South entlang und biegen kurz vor Monticello Richtung Westen ab. Der Canyonlands NP ist unser Ziel. Genauer: der "Needles-District" dieses gigantisch großen Parks.
Die Canyonlands nehmen einen Großteil des sog. Colorado-Plateaus ein. Sie bilden ein unüberwindbares Hindernis zwischen dem Bereich Grand Staircase Escalante und der UT-#191, die von Green River über Moab bis hinter Blanding führt. Das ist einfach eine riesige Schluchtenlandschaft, bei der es nur ein "obenrum" oder "untenrum" gibt. Dabei werden 3 Bereiche des NP unterschieden:
Der am besten zugängliche Bereich ist der "Island in the Sky"-District. Dieser ist gut ab Moab erreichbar und man benötigt ca. einen halben Tag, um die wichtigsten Dinge zu entdecken. Im Wesentlichen sind dies Ausblicke vom oberen Rand der Schlucht (die eher ein Abgrund mit einer Länge von weit über 100 km ist). Wir haben das großartige Erlebnis, immer auf dem Rand des unvorstellbaren Abgrundes entlang zu fahren und zu wandern, 2011 genossen. Wer Lust hat, schaut nochmal bei den Fotos von damals vorbei …
Südlich davon schließt sich der "Needles"-District an. Da waren wir heute. Allein von der UT-#191 bis zum Visitor-Center fährt man 55 km. Dort beginnt dann aber erst der lange Scenic-Drive durch den Park. Auf dem Weg dorthin passieren wir den "Newspaper-Rock" (State Historic Monument). Das ist ein Felsen, der Petroglyphen (also alte Steinzeichnungen) der Ureinwohner enthält. Ich habe einige Fotos gemacht. Die Zeichnungen werden auf die Zeit vor der Zeitenwende datiert. Die ältesten sind also über 2.000 Jahre alt. Es ist noch nicht gelungen zu bestimmen, ob es sich hier um eine tatsächliche "Geschichte" handelt, die erzählt wird oder ob die Zeichnungen eher "Graffiti" oder vielleicht auch Jagd-Geister-Beschwörung waren. Schön anzusehen sind sie allemal!
Im Visitor-Center lassen wir uns beraten. Danach fahren wir den Scenic-Drive ab. Dabei machen wir einen kurzen Stop am "Wooden Shoe Arch Overlook" und biegen dann zunächst zum "Elephant-Hill-Trail" ab. Eine dirt-road bringt uns dorthin. Gut befestigt, aber z.T. steil und mit vielen "Blind-Curves" versehen. Dort sieht man nicht, ob jemand von vorne kommt und deswegen ist besondere Vorsicht angesagt. Bei der kurvigen, steilen, engen, unbefestigten Straße ist das immer spannend. Der Elephant-Trail ist 18 km lang. Das passt nicht in unsere Planung und so gehen wir nur 2 Meilen über den Slickrock-Trail bergan. Es eröffnen sich tolle Ausblicke auf die "Needles" - hohe Steinnadeln, denen man nur hier so nahe kommen kann. Wir machen viele Fotos und haben wieder mächtig Spaß an der Felskletterei.
Dann fahren wir zum Endpunkt des Scenic-Drive, dem "Big-Spring-Canyon-Overlook". Auch dort turnen wir ein wenig herum. Weitere kurze Trails auf dem Rückweg sind der "Pothole-Point-Trail" mit Aussichten auf die Needles und die Canyons sowie der "Cave-Spring-Trail" mit einem historischen Cowboy-Camp und 2 Leitern: eine nette Slickrockwanderung. Meist kann man wieder frei herumklettern, zum Teil muss man aber auf die „belebte Bodenzone“ achten. Die Erde hier lebt - sie sieht bei genauer Betrachtung aus, wie eine eigene kleine Berglandschaft. Mikroorganismen sorgen im Zusammenspiel mit der Erde dafür, dass Wasser und Pflanzensamen gespeichert und im richtigen Moment zum Keimen gebracht werden. Das darf man nicht kaputttreten. Ich habe eine Nahaufnahme ins heutige Fotoalbum gestellt ...
Schön, auch diesen Teil der Canyonlands so intensiv kennen zu lernen. Hier benötigt man aber allein wegen der langen An- und Abfahrt einen ganzen Tag.
Der dritte District der Canyonlands heißt "The Maze" und ist mit normalen Fahrzeugen kaum zu erreichen. Der ist eher geführten Touren oder Mountain-Bikern mit ganz viel Energie vorbehalten. Touren dorthin sind oft auch mit Übernachtungen verbunden, da dieser District am schlechtesten erschlossen ist.
1,5 Stunden trennen uns nun noch von unserer nächsten Unterkunft. Die ist über die #191 und einen finalen Abstecher in die Berge von über 8 km Länge schnell erreicht. Die "Abajo Haven Guest Ranch" liegt tatsächlich 9 km von Blanding entfernt mitten in den Bergen. Die Einfahrt war zu finden (ohne Navi undenkbar), dann ging es aber über eine Schotterpiste zur Ranch. Dort ist ein Corral mit 2 Pferden und ein Wohnhaus. Ein Mann sprintet heraus, sobald wir vorfahren. Er stellt sich als "Bill" vor und will mit seinem Pickup vorfahren zu unserer "Cabin", die wir für heute gemietet haben. Er ist gut vorbereitet, kennt unseren Namen und sagt, dass wir den Fotoapparat bereit halten sollen, denn derzeit könnten einige "Mule Deer" (Großohrhirsche) vor unserer Cabin grasen - das würden die derzeit schon mal tun. Tatsächlich: Unmittelbar vor unserer kleinen Blockhütte grast eine Mutter mit ihren Kitzen. Wir machen einige Fotos und als wir aus dem Wagen aussteigen, verziehen sie sich in den nahen Wald. Bill zeigt uns alles und wir sind völlig aus dem Häuschen.
Die Cabin ist total schnuckelig eingerichtet. Zum Waschraum (Toilette, Dusche, Waschbecken - privat, nur für uns) geht es über einen Weg, der nachts etwas beleuchtet ist (kleine Solarlämpchen) - ohne Taschenlampe (mit eingebautem Radio und Wecker) geht das aber nicht. Nebenan ist der Grillplatz und die Feuerstelle. Bill fragt, ob wir BBQ mögen, empfiehlt uns einen Store in Blanding, wo wir das Nötige bekommen und sagt zu, schon mal das Holz aufzuschichten und den Grill zu richten. Wir können unser Glück noch gar nicht fassen, da sagt er uns, dass er morgen auch gerne ein Frühstück für uns macht. Klar - gerne!
Also fahren wir zu Clark's Market in Blanding und kaufen ein: Holzkohle (Match it - die kann man anzünden ohne weitere Brandbeschleuniger), 2 Sirloin-Steaks, 1 Rib-Eye-Steak, Maccaronisalat, Salatmischung, Zwiebelbagel. Dipps, Salz & Pfeffer kann man da so mitnehmen.
Zurück an der kleinen Hütte ist alles gerichtet: Grillwerkzeug liegt bereit, Teller und Besteck hat uns Bill auch hingestellt. An das Anmachholz in der Feuerstelle müssen wir nur noch das Streichholz halten, der Grill ist nach 15 Minuten startklar. Ganz allein hocken wir nun hier in der Einsamkeit, das Feuer prasselt, die Steaks bruzzeln auf dem Grill, der Wein ist bereit und wir lassen es uns schmecken. Anschließend sitzen wir noch bis ca. 20 Uhr draussen, dann geht es nicht mehr. Die Temperatur ist lange schon einstellig. Wir löschen das Feuer und gehen in unsere Hütte, um Tagebuch zu schreiben etc.
Gerade haben wir noch mal nach dem unglaublichen Sternenhimmel geschaut, der sich eben hier auftat. Sowas haben wir zuletzt vor vielen Jahren auf den Malediven gesehen. Auch den "Restroom" haben wir nochmal besucht, bevor wir jetzt einschlafen. Im Gänsemarsch mit Supertaschenlampe die 40 Meter über den Weg - bei ziemlicher Kälte mit Schlafanzug und Fleecejacke. Auch an der Feuerstelle ist alles ok- Feuer aus. Wer heute Nacht raus muss, darf über die Wiese tapsen. Ob da morgen früh wieder die Hirsche mit den großen Ohren grasen? Wir sind sehr gespannt!! Was für eine Unterkunft - so etwas hatten wir noch nicht. Gefällt uns aber grandios! Gute Nacht!
Tagesetappe: 298 km
Übernachtung: Abajo Haven Guest Cabins, Blanding, UT