BBQ & Campfire
28.09.13 06:00 Abgelegt in: Utah

Foto: Jürgen & Little Bear an ihrer Cabin, Abajo Haven Guest Cabin, Blanding, UT
So, heute Abend haben wir zum ersten Mal kein WLAN und deswegen kann ich diesen Tagebucheintrag auch erst morgen veröffentlichen. Das liegt allein an der Guest Ranch, auf der wir heute übernachten. Aber fangen wir wie immer vorne an:
Von gestern Abend gibt es noch einen Nachtrag: Wir hatten ja beschlossen, uns etwas zu essen zu kaufen und das am Grillplatz genüsslich zu verspeisen. Dieses Vorhaben hat mehr als gut funktioniert! Auf dem Weg zum City Market stellten wir gemeinsam fest, das wir schon ein wenig "tipsy" sind, Bier & Wein auf Obst hat seine Wirkung. Gut gelaunt kaufen wir ein: 2 Chicken-Drumsticks BBQ-Art, 4 weitere "fried", 2 Pizza-Rolls, 6 fried Orion-Rings (allesamt warm), 2 Fertigsalate mit Käse, Schinken, Croutons etc., 1 Bagel Jalapeno-Art, 1 Zwiebelbrötchen - dazu Saucen fertig verpackt.
Das alles schleppen wir zum Grillplatz, richten es schön an, stellen unseren Wein dazu und schmausen. Klasse! Am Nebentisch sitzen 2 Cowboys und beschäftigen sich mit einem Sixpack Bier. Sofort sind wir im Gespräch und es entwickelt sich einer dieser schönen Abende mit wildfremden Menschen. Wir reden über Gott und die Welt. Natürlich waren beide (best friends) schon in Germany. Heidelberg und "gambling" in Baden-Baden. Wir waren da noch nicht, dafür spielten wir in Vegas - das kennen die Beiden noch nicht. Verrückte Welt!
Einer erzählt von seiner Tochter, die professionell "Rollerball" spielt und zeigt uns per iPad auf Youtube ein Video, in dem Sie mit ihrem Verein aus Denver gegen London spielt. Er war auch schon am Nürburgring - ist mitgefahren in einem 5er BMW über die Nordschleife. Begeisterung! Wir tauschen uns aus über die Trails in den Nationalparks des Südwestens und schließlich wollen die beiden noch Einzelheiten über Deutschland wissen. Vor allem über den Unterschied (?) zwischen Ost und West. Und wie das so ist mit Netto- und Bruttoverdiensten, Rentenansprüchen, Krankenversicherung, Arbeitslosengeld, sozialer Absicherung und welche von den Deutschen denn nun näher an den Russen waren - die im Osten oder Westen.
Also berichte ich über das Kriegsende, die Spaltung Deutschlands, den Einfluss der Russen in der DDR, die dortige Planwirtschaft, den Trabbi, die Stasi, die freie Marktwirtschaft, Reisebeschränkungen, die Wiedervereinigung, die Idee des "Deutschen Volks einer Nation", den Solidaritätsbeitrag und seine Verwendung und schließlich auch den politischen Wandel in Deutschland bis hin zu den jüngsten Erfolgen der "Linken" bei der Wahl am letzten Wochenende. Als drittstärkste Partei können sie nun den Rückschluss ziehen, dass die Idee der DDR-Oberen auch heute noch aktuell ist? Offenes Kopfschütteln bei den beiden - inneres Kopfschütteln bei mir schon seit Sonntagabend. Das Sozialversicherungssystem zu erklären ist nicht ganz so schwierig, das habe ich hier schon mehrfach getan. Interessant ist, welche hohe Meinung auch diese beiden von Angela Merkel haben. Für sie - wie einige andere Amerikaner, die wir gesprochen haben - ist unsere Kanzlerin als Mittlerin und Lenkerin in Europa die absolute Nr. 1. Extrem hohes Ansehen, höchste Kompetenzzuweisung, Beliebtheit hier offensichtlich deutlich vor Obama. Finde ich gut!
Wir verabschieden uns später wie sehr gute Freunde - ich finde das sehr sympathisch und die Amis überhaupt nicht so oberflächlich, wie sie immer beschrieben werden. Die beiden waren sehr nett und äußerst interessiert.
Wieder im Zimmer gibt es noch einen kleinen "Zap" durch die amerikanische Werbeindustrie - einen Film finde ich keinen. Also: schlafen.
Heute morgen skypen wir mit Vater und Mutter, dann packen wir unsere Sachen, stellen fest, dass noch 30 Leute vor uns einen Kaffee bei Starbucks wollen (schön in einer Reihe wartend) und reisen ohne zusätzlichen Coffee to go ab. Soviel Zeit haben wir nun auch nicht. Unser nächstes Nachtquartier können wir in 90 Minuten erreichen. Wir rollen die schnurgerade UT-#191-South entlang und biegen kurz vor Monticello Richtung Westen ab. Der Canyonlands NP ist unser Ziel. Genauer: der "Needles-District" dieses gigantisch großen Parks.
Die Canyonlands nehmen einen Großteil des sog. Colorado-Plateaus ein. Sie bilden ein unüberwindbares Hindernis zwischen dem Bereich Grand Staircase Escalante und der UT-#191, die von Green River über Moab bis hinter Blanding führt. Das ist einfach eine riesige Schluchtenlandschaft, bei der es nur ein "obenrum" oder "untenrum" gibt. Dabei werden 3 Bereiche des NP unterschieden:
Der am besten zugängliche Bereich ist der "Island in the Sky"-District. Dieser ist gut ab Moab erreichbar und man benötigt ca. einen halben Tag, um die wichtigsten Dinge zu entdecken. Im Wesentlichen sind dies Ausblicke vom oberen Rand der Schlucht (die eher ein Abgrund mit einer Länge von weit über 100 km ist). Wir haben das großartige Erlebnis, immer auf dem Rand des unvorstellbaren Abgrundes entlang zu fahren und zu wandern, 2011 genossen. Wer Lust hat, schaut nochmal bei den Fotos von damals vorbei …
Südlich davon schließt sich der "Needles"-District an. Da waren wir heute. Allein von der UT-#191 bis zum Visitor-Center fährt man 55 km. Dort beginnt dann aber erst der lange Scenic-Drive durch den Park. Auf dem Weg dorthin passieren wir den "Newspaper-Rock" (State Historic Monument). Das ist ein Felsen, der Petroglyphen (also alte Steinzeichnungen) der Ureinwohner enthält. Ich habe einige Fotos gemacht. Die Zeichnungen werden auf die Zeit vor der Zeitenwende datiert. Die ältesten sind also über 2.000 Jahre alt. Es ist noch nicht gelungen zu bestimmen, ob es sich hier um eine tatsächliche "Geschichte" handelt, die erzählt wird oder ob die Zeichnungen eher "Graffiti" oder vielleicht auch Jagd-Geister-Beschwörung waren. Schön anzusehen sind sie allemal!
Im Visitor-Center lassen wir uns beraten. Danach fahren wir den Scenic-Drive ab. Dabei machen wir einen kurzen Stop am "Wooden Shoe Arch Overlook" und biegen dann zunächst zum "Elephant-Hill-Trail" ab. Eine dirt-road bringt uns dorthin. Gut befestigt, aber z.T. steil und mit vielen "Blind-Curves" versehen. Dort sieht man nicht, ob jemand von vorne kommt und deswegen ist besondere Vorsicht angesagt. Bei der kurvigen, steilen, engen, unbefestigten Straße ist das immer spannend. Der Elephant-Trail ist 18 km lang. Das passt nicht in unsere Planung und so gehen wir nur 2 Meilen über den Slickrock-Trail bergan. Es eröffnen sich tolle Ausblicke auf die "Needles" - hohe Steinnadeln, denen man nur hier so nahe kommen kann. Wir machen viele Fotos und haben wieder mächtig Spaß an der Felskletterei.
Dann fahren wir zum Endpunkt des Scenic-Drive, dem "Big-Spring-Canyon-Overlook". Auch dort turnen wir ein wenig herum. Weitere kurze Trails auf dem Rückweg sind der "Pothole-Point-Trail" mit Aussichten auf die Needles und die Canyons sowie der "Cave-Spring-Trail" mit einem historischen Cowboy-Camp und 2 Leitern: eine nette Slickrockwanderung. Meist kann man wieder frei herumklettern, zum Teil muss man aber auf die „belebte Bodenzone“ achten. Die Erde hier lebt - sie sieht bei genauer Betrachtung aus, wie eine eigene kleine Berglandschaft. Mikroorganismen sorgen im Zusammenspiel mit der Erde dafür, dass Wasser und Pflanzensamen gespeichert und im richtigen Moment zum Keimen gebracht werden. Das darf man nicht kaputttreten. Ich habe eine Nahaufnahme ins heutige Fotoalbum gestellt ...
Schön, auch diesen Teil der Canyonlands so intensiv kennen zu lernen. Hier benötigt man aber allein wegen der langen An- und Abfahrt einen ganzen Tag.
Der dritte District der Canyonlands heißt "The Maze" und ist mit normalen Fahrzeugen kaum zu erreichen. Der ist eher geführten Touren oder Mountain-Bikern mit ganz viel Energie vorbehalten. Touren dorthin sind oft auch mit Übernachtungen verbunden, da dieser District am schlechtesten erschlossen ist.
1,5 Stunden trennen uns nun noch von unserer nächsten Unterkunft. Die ist über die #191 und einen finalen Abstecher in die Berge von über 8 km Länge schnell erreicht. Die "Abajo Haven Guest Ranch" liegt tatsächlich 9 km von Blanding entfernt mitten in den Bergen. Die Einfahrt war zu finden (ohne Navi undenkbar), dann ging es aber über eine Schotterpiste zur Ranch. Dort ist ein Corral mit 2 Pferden und ein Wohnhaus. Ein Mann sprintet heraus, sobald wir vorfahren. Er stellt sich als "Bill" vor und will mit seinem Pickup vorfahren zu unserer "Cabin", die wir für heute gemietet haben. Er ist gut vorbereitet, kennt unseren Namen und sagt, dass wir den Fotoapparat bereit halten sollen, denn derzeit könnten einige "Mule Deer" (Großohrhirsche) vor unserer Cabin grasen - das würden die derzeit schon mal tun. Tatsächlich: Unmittelbar vor unserer kleinen Blockhütte grast eine Mutter mit ihren Kitzen. Wir machen einige Fotos und als wir aus dem Wagen aussteigen, verziehen sie sich in den nahen Wald. Bill zeigt uns alles und wir sind völlig aus dem Häuschen.
Die Cabin ist total schnuckelig eingerichtet. Zum Waschraum (Toilette, Dusche, Waschbecken - privat, nur für uns) geht es über einen Weg, der nachts etwas beleuchtet ist (kleine Solarlämpchen) - ohne Taschenlampe (mit eingebautem Radio und Wecker) geht das aber nicht. Nebenan ist der Grillplatz und die Feuerstelle. Bill fragt, ob wir BBQ mögen, empfiehlt uns einen Store in Blanding, wo wir das Nötige bekommen und sagt zu, schon mal das Holz aufzuschichten und den Grill zu richten. Wir können unser Glück noch gar nicht fassen, da sagt er uns, dass er morgen auch gerne ein Frühstück für uns macht. Klar - gerne!
Also fahren wir zu Clark's Market in Blanding und kaufen ein: Holzkohle (Match it - die kann man anzünden ohne weitere Brandbeschleuniger), 2 Sirloin-Steaks, 1 Rib-Eye-Steak, Maccaronisalat, Salatmischung, Zwiebelbagel. Dipps, Salz & Pfeffer kann man da so mitnehmen.
Zurück an der kleinen Hütte ist alles gerichtet: Grillwerkzeug liegt bereit, Teller und Besteck hat uns Bill auch hingestellt. An das Anmachholz in der Feuerstelle müssen wir nur noch das Streichholz halten, der Grill ist nach 15 Minuten startklar. Ganz allein hocken wir nun hier in der Einsamkeit, das Feuer prasselt, die Steaks bruzzeln auf dem Grill, der Wein ist bereit und wir lassen es uns schmecken. Anschließend sitzen wir noch bis ca. 20 Uhr draussen, dann geht es nicht mehr. Die Temperatur ist lange schon einstellig. Wir löschen das Feuer und gehen in unsere Hütte, um Tagebuch zu schreiben etc.
Gerade haben wir noch mal nach dem unglaublichen Sternenhimmel geschaut, der sich eben hier auftat. Sowas haben wir zuletzt vor vielen Jahren auf den Malediven gesehen. Auch den "Restroom" haben wir nochmal besucht, bevor wir jetzt einschlafen. Im Gänsemarsch mit Supertaschenlampe die 40 Meter über den Weg - bei ziemlicher Kälte mit Schlafanzug und Fleecejacke. Auch an der Feuerstelle ist alles ok- Feuer aus. Wer heute Nacht raus muss, darf über die Wiese tapsen. Ob da morgen früh wieder die Hirsche mit den großen Ohren grasen? Wir sind sehr gespannt!! Was für eine Unterkunft - so etwas hatten wir noch nicht. Gefällt uns aber grandios! Gute Nacht!
Tagesetappe: 298 km
Übernachtung: Abajo Haven Guest Cabins, Blanding, UT