Surfer
The long and winding road to Mendocino
13.09.13 04:51 Abgelegt in: California

Foto: Auf dem Hwy. No. 1, Fort Bragg, CA
Der Tag beginnt um 5 Uhr ganz ruhig: Tagebuch schreiben, ein paar Überlegungen zum Programm heute anstellen (doch einen Besuch im Charles M. Schulz Museum vorsehen?), die Klamotten ordnen und schließlich gegen 8 Uhr ins Office, um einen Kaffee zu trinken. Auch hier gibt es Saft, Toast, Frischkäse, Marmelade und Cornflakes - es tut sich was in der Frühstückskultur der Motels. Gut so!
Um 9 Uhr starten wir über den Hwy. #101 nach Santa Rosa, das wir kurz darauf erreichen. Da die Peanuts quasi auf dem Weg liegen, fahren wir kurz vom Hwy. ab und nehmen die 3 Blocks zum Museum. Uns ist klar, dass ein längerer Aufenthalt hier nicht in Frage kommt - die Türen öffnen sich eh erst um 11 Uhr. Trotzdem strolchen wir ein wenig herum, machen Fotos mit Charlie Brown, Snoopy und Woodstock und holen uns an Snoopy’s Ice Arena einen Coffee to go. Einige Eisläufer sind schon unterwegs - das sieht nach einen professionellen Eistanztraining aus. Leider ohne Snoopykostüm. Auch der Giftshop macht erst später auf. Das Museum ist bestimmt sehr nett, besonders der „Kite eating tree“ hätte mich interessiert.
So verlassen wir nach einiger Zeit das Sonoma Valley und fahren über die Berge und Sebastopol (#12) Richtung Pazifik. Unser nächstes Ziel heißt Bodega Bay, wo Alfred Hitchcock 1962 den Klassiker des Horrorfilms „Die Vögel“ gedreht hat. Noch lange bevor wir die Küste erreichen, sehen wir plötzlich die berühmte Kirche aus diesem Film am Wegesrand. Hier? Der Ort heißt beim näheren Hinschauen „Bodega“ und besteht nur aus ein paar Häusern. Offensichtlich haben die einen Großteil hier in den Bergen gedreht und den Rest am Hafen in Bodega Bay. Hätten wir bestimmt nicht gefunden, wären wir nicht von hier oben gekommen. Also: Auto abstellen und rumgucken. Das Schulhaus steht auch noch dort und wie auf Bestellung flattert ein ganzer Schwarm Vögel darüber hinweg. Die sind immer noch hier. Am General Store stehen noch einige Requisiten, wie z.B. die alte Telefonzelle. Lustig. Allein das Fire Departement sieht neu aus, das Meiste andere: ziemlich alt und in die Jahre gekommen.
Über den Hwy. No. 1 erreichen wir schließlich auch Bodega Bay, wo wir diverse Stops an der Bucht einlegen, zum ersten Mal tanken und bei einem Fischhändler ein Stück geräucherten „Albacore“ (was sich später als weißer Thunfisch entpuppt) erstehen. Essen wir später auf der Fahrt mit ein paar Crackern - sehr lecker! Der Film „Die Vögel“ ist hier sehr lebendig - gut, dass wir den vor der Abreise noch mal geguckt hatten.
Nun geht es 3 Stunden lang über den Hwy. No. 1 nordwärts. So kurvig und auf und ab kennen wir den noch nicht. Sagenhaft - die reinste Achterbahnfahrt. Dabei bieten sich immer wieder spektakuläre Blicke auf den schäumenden Pazifik. Oft ziehen gigantische Nebelschwaden herauf und hüllen uns ein - Gott sei Dank kommt aber regelmäßig auch die Sonne durch und lässt alles in hellstem Licht erstrahlen. Sehr abwechslungsreich, zum Teil mystisch und hier gilt ganz sicher: der Weg ist das Ziel!
Unerschrockene Surfer toben sich in den hohen Wellen aus, Viewpoints laden zu Stops ein - wir machen eifrig Gebrauch davon.
Schließlich erreichen wir den Fort Ross State Historic Park. Die Zufahrt ist versperrt von zwei Rollschranken - abgeschlossen ist aber nicht. Hinweisschilder, dass der Park geschlossen sein könnte, sehen wir nicht. Wir nehmen unseren Mut zusammen, rollen eine Schranke beiseite und fahren rein. Am nicht besetzten Eingangshäuschen füllen wir unser Permit aus (State Parks kosten extra), tun die verlangten 8$ in den zugehörigen Umschlag und werfen den ein (self registration). Dann fahren wir zum Parkplatz, auf dem schon einige Autos stehen - vermutlich auch von den Bauarbeitern, die am Visitor Center basteln, das nur an Wochenenden geöffnet ist.
Fort Ross ist ein richtiges altes Fort, das sehr gut erhalten ist. 1812 wurde es als der südlichste russische Stützpunkt im Westen der USA gebaut. Damit gehört es zu den ältesten Dingen, die man hier zu sehen bekommt (von Redwoods und Dinosaurierspuren etc. mal abgesehen). Wir verbringen einige Zeit hier und machen viele Fotos. Das Fort liegt als Befestigungsanlage direkt an der steil abfallenden Küstenlinie - strategisch gut ausgesucht. Es war seinerzeit Handelsstützpunkt und wurde von den Russen auch für den Schiffsbau und landwirtschaftlich genutzt. Neben der stabilen Befestigungsanlage mit Wachtürmen und Kanonen befinden sich hier noch einige Häuser und die alte orthodoxe Kapelle. Innen sind die Bauwerke z.T. entsprechend ihres damaligen Verwendungszwecks ausgestattet mit Möbeln, Werkzeugen, Waffen und Handelswaren.
Eine größere Gruppe Kinder mit Begleitern hält sich derzeit in historischen Kostümen hier auf. Das ist eine Schulklasse, die Projekttage hier veranstalten. Stolz erzählen uns die Kids, dass sie auch hier übernachten werden. Derzeit erkunden sie sehr kindgerecht das Fort mit seinen Funktionen. Da wird besprochen, an was man alles denken muss, wenn man so ein Fort plant (warum steht das genau hier?). Es wird Wasser gezapft und in Blecheimern über den Innenhof geschleppt, um dann in Zinkwannen gefüllt zu werden (bestimmt zum Waschen für heute Abend). Andere schnippeln Salat, erkunden die Trading Post oder bauen kleine Schemel aus Holz - echt gut!
Nun müssen wir aber weiter! Also: auf zum Auto und auf die Straße - geht nicht, die Tore sind nun mit Vorhängeschlössern verschlossen. Mist, das hat uns gefehlt. Hätten wir doch nicht reinfahren dürfen? Wenden, die Bauarbeiter suchen und auf einen kräftigen Anschiss gefasst sein. Die sind aber ganz relaxt: Nein, wir hätten nichts falsch gemacht, leider hätte nur irgendeiner das Tor nicht abschlossen gehabt - könnten wir ja nicht wissen. Freundlich fährt einer mit, lässt uns raus und will auf gar keinen Fall ein Trinkgeld.
Weiter kurven wir Richtung Norden, jetzt gewinnt die Sonne immer mehr die Oberhand - leider nur für eine gute Stunde, dann nebelt es wieder. Naja, es ist eigentlich mehr eine Mischung aus Gischt und Nebel. Wir nähern uns nun Mendocino, einer weiteren „Hauptstadt“ der Flower-Power-Zeit. Auch hier bummeln wir umher - kleines Nest, schön gelegen mit z.T. sehr netten Häuschen und überall Wassertürme im Garten. Kunsthandwerk wird hier heute noch groß geschrieben und überall malen Leute mit kleinen Staffeleien.
Von hier sind es nur noch ein paar Meilen bis Fort Bragg, wo das Motel 6 erwartungsgemäß an der Hauptdurchgangsstraße liegt (viel mehr gibt es hier auch nicht). Schnell einchecken und dann mit dem Auto noch einen letzten Abstecher zum „Glass Beach“ gemacht. Auch hier ist die Brandung famos. Wir klettern bis zum Wasser und finden auch gleich einige Glassteinchen. Leider passe ich nicht auf und - schwupps - stehe ich bis zu den Knien im Wasser. Na toll. Wir fahren zurück zum Motel, wurde eh Zeit dafür. Schuhe unter der Dusche ausspülen, dann einen Becher Wein und ein paar Chips. Dabei werden die Fotos gesichert und einige auf die Homepage geladen.
Um 7 Uhr gehen wir hinüber zu Angelina’s Grill. Gabi freut sich über den „Catch of the day“ (ein gigantisches, sehr leckeres Stück Fisch mit Folienkartoffel, Knoblauchbrot und Dünstgemüse aus Sellerie, Zucchini und Zwiebeln. Ich bekomme Fish Tacos - mexikanisch mit Reis und Bohnenmuß. Beides sehr gut!
Auch heute schließen wir gegen 9 die Augen, es hat doch nicht mehr gereicht, zum Karaoke-Abend in die Bar nebenan zu gehen.
Tagesetappe: 238 km
Übernachtung: Motel 6, Fort Bragg, CA